Burn-out auf dem Vormarsch - ein Problem unserer modernen
Gesellschaft
Laut einer - im April 2011 veröffentlichten - Studie des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WidO) setzt sich in Deutschland der Anstieg psychischer Erkrankungen in zunehmendem Maße fort.
Nach einer detaillierten Untersuchung der Krankmeldungen von den mehr als 10 Millionen AOK-versicherten zeigte sich: Die Fehlzeiten aufgrund psychischer Erkrankungen sind seit 1999 um fast 80
Prozent angestiegen; die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage haben sich aufgrund der von Ärzten dokumentierten Diagnose Burn-out zwischen 2004 und 2010 um das 9-fache erhöht. Laut der Analyse wurden
demnach im Jahr 2010 knapp 100.000 Menschen (hochgerechnet auf mehr als 34 Millionen gesetzlich krankenversicherte Beschäftigte in Deutschland) mit insgesamt mehr als 1,8 Millionen Fehltagen wegen
eines Burn-outs krankgeschrieben.
Doch was genau ist ein „Burn-out“?
Wenn Fachärzte bei einem Patienten einen „Burn-out“ diagnostizieren, so bezeichnen sie damit zunächst einmal einen Zustand körperlicher, emotionaler und geistiger Erschöpfung, der oftmals mit
psychiatrischen Erkrankungen wie depressive Episoden oder psychosomatischen Beschwerden wie Schlafstörungen, Rücken- und/oder Kopfschmerzen verbunden ist.
Ein Burn-out ist daher lt. Deutschem Gesundheitsgesetzt entsprechend unter der Diagnosegruppe „Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung“ zu erfassen.
Da die Beschwerden des Burn-outs von jedem Patienten ganz individuell erlebt werden, ist eine klare Definition von Burn-out anhand von Symptomen daher nicht
möglich.
Somit gehört der Burnout gleichzeitig zu der Gruppe der „Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen“, ist aber im medizinischen Sinne keine Diagnose einer eigenständigen psychischen
Erkrankung mit eindeutig definierten Krankheitszeichen.
Wir leben in einer Leistungsgesellschaft, in der der technische und digitale Fortschritt, die rapide Expansion des Welthandels und internationalen Kapitalströme und der zunehmende Wettbewerb an
den internationalen Wirtschaftsmärkten für einen ständigen sozialen, wirtschaftlichen und technologischen Wandel sorgen.
In den modernen Wirtschaftsbetrieben wird gut ausgebildetes Fachpersonal zu einem immer bedeutender werden Wirtschaftsfaktor. Entsprechend investiert man viel Zeit und Geld in eine qualifizierte
und zukunftsorientierte Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter, damit diese durch eine konstruktive und verantwortungsvolle Zusammenarbeit mit der Unternehmensleitung aktiv zum Erfolg des
Unternehmens beitragen. Motivation, Leistungsbereitschaft und fachliches Knowhow sind somit die Zauberworte für eine individuelle Karriere der Mitarbeiter und nicht selten die Basis für ein Leben auf
der Überholspur.
Gleichzeitig setzt aber gerade der hektische Arbeitsalltag, die hohen Ansprüche am Arbeitsplatz wie im Privatleben - z.B. im Familienmanagement, in der Kindererziehung und Haushaltsführung - viele
Menschen dermaßen unter Druck, so dass sie in einen, oftmals lang andauerndem, Prozess von chronischer körperlicher, emotionaler und geistiger Erschöpfung geraten.
Das tückische am Erschöpfungssyndrom ist, dass es sich so schleichend entwickelt und dabei eine regelrechte Abwärtsdynamik entwickeln kann. Nur wer die Anzeichen früh genug erkennt, kann hier noch
rechtzeitig gegensteuern. Leider bemerken viele der Betroffenen oft erst nach Jahren, dass mit ihnen etwas nicht stimmt und sie sich regelrecht „ausgebrannt“ fühlen.
Fachleute sehen in einem „Burnout“ daher auch das Ende einer individuellen Erschöpfungsspirale, die bei vielen Menschen mit extremen Ehrgeiz und idealistischer Begeisterung beginnt, über
frustrierende Erlebnisse zu Desillusionierung, innerer Leere, Teilnahmslosigkeit bzw. Apathie führt und oftmals in Hoffnungslosigkeit, Rückzug, totaler Verzweiflung, psychosomatischen (körperlichen)
Erkrankungen und letztendlicher schwerer Burnout-Depression endet.
Daher ist es wichtig, schon die ersten Signale wie Nervosität, Abgeschlagenheit, Energieverlust und Leistungsabbau ernst zu nehmen, denn je früher ein Burn-out erkannt wird, desto besser sind die
Heilungschancen.
Ärzte und Therapeuten können den Erkrankten heute mit gezielten Behandlungen - wie z.B. mit Psychotherapien oder Verhaltenstherapien - beim Umgang mit einem Erschöpfungssyndrom oder dem Burn-out sehr
erfolgreich helfen.
Die Patienten lernen hierbei u.a., ihre eigene Verhaltensweisen zu überdenken und zu verändern, günstigere Strategien bei der Konflikt- und Stressbewältigung zu entwickeln, das Selbstbewusstsein zu
stärken und realistische Zukunftsperspektiven zu erarbeiten.
Wer höher steigt, kann tiefer fallen. Burn-out entsteht nicht über Nacht, auch nicht innerhalb weniger Wochen. Warum alles meist ganz großartig anfängt und warum nicht hinter jeder Erschöpfung ein
Burn-out steht.
Annejet Rümke
Aktives Staunen
Nr 187 | Juli 2015
Finden Sie einen ruhigen Ort in der Natur. Suchen Sie sich eine Stelle, wo Sie mehr oder weniger ungestört sitzen können. Nehmen Sie sich zehn Minuten, um ganz bewusst Ihre Sinne anzuwenden:
Annejet Rümke
Burnout-Sprechstunde
Nr 149 | Mai 2012
Ausgebrannt – und dann?
Wenn Körper und Seele völlig «ausgebrannt» sind, hilft nur eine tiefgreifende Änderung der Lebensweise, um wieder Fuß zu fassen. Doch wie soll das gelingen, wenn selbst die letzten Kraftreserven
aufgebraucht sind?
In ihrem umfassenden Ratgeber zeigt Annejet Rümke* an vielen Fallbeispielen und anhand eines umfangreichen praktischen Übungsteils, was jeder zur Vorbeugung und Heilung tun kann.